Rede von Ole Günther am 01.09.2024
September 1939: Der Tag, an dem die deutsche Wehrmacht die Grenze zu Polen überschritt und damit den Zweiten Weltkrieg lostrat. Geführt von einem faschistischen Regime mit dem Ziel, Genozide zu begehen und die Welt nach eigenen Vorstellungen umzugestalten. Die Verfolgung von Menschen, die nicht in das Bild der Nationalsozialisten passten, war dabei Teil der Tagesordnung. Sowohl aus politischen oder rassistischen Motiven. So wurden in Bremen noch am 1.09.1939 rund 32 Kommunisten und Sozialdemokraten verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Auch wenn das heute nicht mehr als Zahlen in einer Tabelle sind, zeigen sie die Gewalt, die Brutalität, die Unmenschlichkeit des Systems und die Ferne, die wir heute bei diesem Thema empfinden. Nach dem Krieg setzten sich alle Parteien des Krieges an einen Tisch mit dem Leitspruch: „Nie wieder!“. Nie wieder sollten Kriege angezettelt werden, nie wieder eine ganze Bevölkerung blind in den Totalitarismus marschieren und nie wieder sollten Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Regligion verfolgt werden. Das war der 8.Mai 1945. Für viele bekannt als die „Stunde null“. Von nun an sollte alles besser werden. Vergangenheit ist Vergangenheit. Wie falsch diese Aussagen waren, sieht man nun in jüngster Vergangenheit: Die Dämonen des Faschismus sind geblieben und auch ihre Narrative:
Tagesschaubericht vom 29.08: Friedrich Merz fordert einen pauschalen Aufnahmestopp von Syrer/innen und Afghan/innen, sowie Abschiebungen in die Heimatländer.
Nationalitäten unter Generalverdacht.
Aber das nicht nur auf Bundesebene. Am 26.08 gab Bastian Ernst von der CDU ein Interview im DK, sprach von einer „unkontrollierten Zuwanderung “ 2015. Populismus in Perfektion. Ernst bedient bereitwillig das ebenfalls von rechten gerne genutzte Narrativ, denn im Umkehrschluss unterstellt er ihnen so terroristische Absichten. Dieses Anbiedern an Rechts ist nichts weiter als rückratloser Stimmenfang, der nichts mehr mit faktenbasierten Aussagen zu tun hat, sondern nur Angst schüren soll und Feindbilder heraufbeschwört wo keine sind.
Eine Strategie, die wir leider nun nach dem fürchterlichen Anschlag in Solingen beobachten können. Merz nutzt nach dem Anschlag den Hass der noch immer geschockten Stadtbevölkerung auf die Regierung. Aussagen wie „Dem Kanzler entgleite das Land“ oder „Wir brauchen die Erklärung einer nationalen Notlage“ sind in diesem kontext beschämend für einen gestandenen Politiker. Tragödien wie diese sind nicht zur Durchsetzung politischer Ziele da. So öffnet man rechter Politik Tür und Tor.
Auch wenn die Rufe nach der Verantwortung der Politik groß geworden sind, ist etwa eine stärkere Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund die Antwort? Natürlich nicht!
Wir dürfen uns nicht von Angst leiten lassen. Denn dies ist keine Zeit für Angst, sondern des Zusammenhalts. Verbessern wir die Integration von Menschen, statt sie schneller wieder wegzuschicken, reichen wir ihnen eine helfende Hand beim Neuanfang, statt sie allein zu lassen und gewähren wir Schutz statt Menschen unter Generalverdacht aufgrund ihrer Herkunft zu stellen.
Wir haben uns heute anlässlich des 1. Septembers 1939 hier versammelt. Ein Tag der bewiesen hat, was passiert, wenn demokratische Parteien rechter Politik Tür und Tor öffnen, die Macht faschistischer Parolen unterschätzen. In dieser heutigen Zeit, wo in Thüringen droht ein Faschist ein demokratisches Amt zu bekleiden, wo CDU und AfD offen mit einer Koalition kokettieren, wo pseudolinke vom BSW rechte Politik auch unter Linken salonfähig machen wollen, ja genau in dieser Zeit, brauchen wir Haltung. Wir müssen felsenfest zeigen, wofür wir stehen, nämlich für eine diverse, multikulturelle Gesellschaft, eine pluralistische Demokratie und vor allem eine antifaschistische Gesellschaft, die rechtem Gedankengut kein Millimeter Raum lässt.
Doch da brechen wir bereits ein. In Penzlin (Mecklenburg-Vorpommern) arbeiteten CDU und AfD zusammen, um Ausschüsse zu besetzen. In Eisleben (Sachsen-Anhalt) wurde das AfD Mitglied Martin Ahrendt in die CDU Fraktion aufgenommen, obwohl er zuvor auf Neonazi-Aufmärschen gesichtet wurde. In Altenstadt (Hessen) wurde einstimmig ein NPD-Funktionär zum Ortsvorsteher gewählt, allerdings wurde dieser nach Protesten wieder abgewählt. Wir dürfen uns nicht umwerfen lassen vom Neofaschismus und schon gar nicht dürfen wir einander allein lassen. Das letzte Fallbeispiel hat gezeigt das es möglich ist. Der Todfeind unserer Demokratie steht rechts und wir geschlossen gehen ihn!!
Jetzt ist nicht die Zeit für Angst, denn auf Faschismus kann es nur eine Antwort gebe: Ein geschlossenes Miteinander.